Zu den Aufgaben einer biologischen Anthropologie gehört auch die Erforschung des eigenen Landes
und Volkes unter landeskundlich-landesgeschichtlichen Gesichtspunkten. Menschen
unterschiedlicher Herkunft unterscheiden sich nicht nur in ihrer DNS voneinander sondern auch
in sichtbaren Merkmalen der Gestalt der Physiognomie und Pigmentierung. Besonders die ältere
Anthropologie trug viele Daten über diese Merkmale zusammen. Der Anthropologe Andreas Vonderach
wertet in diesem Buch ein anthropologisches Datenmaterial aus den 1950er Jahren von 2759
14jährigen Vertriebenen aus und holt mit diesem eine anthropologische Landeskunde des früheren
Ostdeutschlands vor 1945 nach die es bis jetzt noch nicht gegeben hat. Er wertet die
anthropologischen Daten einschließlich der Familienamen in Hinblick auf ihre geographische
Verteilung und ethnische Herkunft aus. In dem anthropologischen Merkmalsbild eines Gebietes
spiegelt sich seine Bevölkerungs- und Siedlungsgeschichte wider. So zeigen sich in den Karten
der anthropologischen Merkmale und Typen die unterschiedlichen Anteile deutscher und slawischer
Besiedlung aber auch regionale Besonderheiten wie das biologische Erbe der alten Prussen oder
Salzburger Siedler in Ostpreußen. Die Korrelationen zwischen den Merkmalen und die Ergebnisse
einer Hauptkomponentenanalyse bestätigen zudem die traditionellen anthropologischen Typen
insbesondere den nordiden und den osteuropiden Typus. Zugleich analysiert Vonderach die
anthropologischen Merkmale auch in Hinblick auf ihre soziale Verteilung. Es gibt
charakteristische Unterschiede zwischen den sozialen Schichten und sozialen Auf- und Absteigern
die sich auch in unserem Material finden und die auf sozialer Siebung beruhen. Dabei wird auch
der Zusammenhang von anthropologischen Merkmalen mit der Schulbegabung überprüft. Daneben
spielt für die sozialen Unterschiede aber auch die ursprüngliche ethnische Überschichtung der
slawischen Bevölkerung durch Deutsche während der deutschen Ostsiedlung eine Rolle. Ein
gesondertes Kapitel ist den anthropologischen Merkmalen des ostelbischen Adels ist gewidmet.