Die sozialtheoretischen Diskussionen der letzten Jahrzehnte haben zu neuartigen Anforderungen
an eine allgemeine Sozialtheorie geführt. Wie muss eine allgemeine Theorie des Sozialen
aussehen - die den Kreis legitimer Akteure als historisch variabel das heißt: als kontingent
begreift statt ihn wie selbstverständlich auf den Kreis lebendiger Menschen zu beschränken -
die die Natur-Kultur-Unterscheidung nicht als gegeben voraussetzt sondern als eine mögliche
Ordnung des Zugangs zur Welt begreift - die Ordnung nicht nur als eine Ordnung des Sozialen
analysiert sondern auch Materialität und die Dimensionen von Raum und Zeit einbezieht - die
Gewalt als ordnungsbildende Kraft begreifen kann - die eine Perspektive für die Formulierung
einer Gesellschaftstheorie erschließt?Mit Blick auf die allgemeine Theoriedebatte werden in
diesem Buch drei Diskussionstränge zusammengeführt:(1) das Konglomerat an Debatten um die
Notwendigkeit theoretischer Neuorientierungen (»turns« oder »Wenden« wie linguistic turn
material turn body turn pictorial turn oder spatial turn) (2) die Problematisierung der
Grenzen der Sozialwelt bzw. des Akteursstatus nichtmenschlicher Entitäten (3) die immer wieder
aufflackernden Auseinandersetzungen um die Bedeutung von Gewalt für die Gestaltung sozialer
Prozesse.Die Theorie der Weltzugänge führt diese Aspekte zu einer Theorie mehrdimensionaler
Ordnungsbildung zusammen und entwickelt dabei zugleich eine Perspektive für die Ausarbeitung
einer Gesellschaftstheorie. Dieser Schritt ist theoriearchitektonisch notwendig denn dadurch
lassen sich die Sozialtheorie und damit auch die durch sie angeleiteten Forschungen reflexiv
historisch situieren - dies ist die Voraussetzung für eine rationale Theoriekonstruktion.