Rolf Peter Sieferles "Rückblick auf die Natur" erschien zuerst 1997 in einer Phase als das
Umweltthema eine konjunkturelle Delle bekam. Der Untergang des Ostblocks und die
Wiedervereinigung Deutschlands setzten andere Notwendigkeiten auf die Tagesordnung der 1990er
Jahre. Gerade in dieser Situation schien es Sieferle ratsam an die Grundlagen zu erinnern auf
denen unser wirtschaftliches Anspruchsdenken beruht: die Natur und ihre Veränderung durch den
Menschen. Dieses Verhältnis betrachtet Sieferle nüchtern ohne daraus politischen Nektar saugen
zu wollen. Gerade dieser distanzierte aber dennoch wehmütige Blick auf die Veränderungen der
Jahrtausende sorgt dafür daß dieses Buch seine Gültigkeit behalten hat. Sieferle spannt einen
weiten Bogen von den Jägern und Sammlern der Altsteinzeit über die Ackerbaukulturen bis hin zur
Industrialisierung oder Modernisierung die als zweite Transformation der Landschaft begriffen
wird: vom agrarischen System hin zum fossilen Industriesystem. Damit ist der entscheidende
Prozeß benannt der die uns umgebenden Landschaften zu »totalen Landschaften« gemacht hat die
einer stetigen Umformung unterworfen sind und die keinen stabilen Zustand mehr erreichen
werden. Sieferle ist kein Romantiker der in der Vergangenheit stabile Gleichgewichte ausmacht.
Es geht ihm um die Totalität und die Geschwindigkeit des Wandels der innerhalb weniger Jahre
vollzieht wozu es früher Generationen brauchte. Sieferles interdisziplinär angelegte
Umweltgeschichte eröffnet neue Perspektiven auf das Verhältnis von Natur und Mensch. Gerade der
Naturschutz muß sich die Frage gefallen lassen ob seine Bemühungen nicht nur ein Teil der
Umweltgestaltung sind da es eine vom Menschen unabhängige Natur schon lange nicht mehr gibt.
Aber auch die totale Unterwerfung der Natur scheint unmöglich: ihre Komplexität entzieht sich
dem Planungsanspruch des Menschen.