In der Reihe »Genozid und Gedächtnis« des Instituts für Diaspora- und Genozidforschung.Es waren
keine unglücklichen Umstände die den promovierten Juristen Dr. Erich Isselhorst am Morgen des
23. Februars 1948 vor das französische Erschießungskommando in Straßburg brachten. Isselhorst
der in den beiden vorherigen Jahren in drei Gerichtsprozessen jeweils zum Tode verurteilt wurde
hatte in seiner Laufbahn bei der Geheimen Staatspolizei den NS-Terrorapparat in leitenden
Funktionen durchlebt und mitgestaltet. Nach der Leitung verschiedener Dienststellen während der
Vorkriegszeit wurde Isselhorst kurz nach Beginn des Angriffs auf die Sowjetunion zu den
Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei abkommandiert. An dieser Stelle wirkte er an zahlreichen
Massenverbrechen im rückwärtigen Armee- und Heeresgebiet mit. Im Jahr 1944 wurde Isselhorst
dann nach Straßburg versetzt wo er als Befehlshaber der Sicherheitspolizei bis zum Eintreffen
der alliierten Truppen fungierte. Trotz seiner Positionen und der Beteiligung an den
NS-Verbrechen ist Isselhorst bislang in der NS-Forschung kaum in Erscheinung getreten. Die
Studie befasst sich grundlegend mit der Verwendung von Ego-Dokumenten in der oftmals
strukturanalytisch geprägten NS-Täterforschung. Sie zeigt anhand des umfangreichen
Quellenbestands von Erich Isselhorst auf wie ein unmittelbar an den Gewaltverbrechen
mitwirkender NS-Täters sich historisch und sozial selbstverortet wie er das Geschehen
reflektiert und wie seine Beurteilung des eigenen Handelns sich verändert.Die Analyse offenbart
zudem seltene Einblicke in den Alltag die Arbeitsprozesse und die sozialen Beziehungen der
Akteure innerhalb des NS-Vernichtungsapparats. Die retrospektiven Selbstzeugnisse werden ferner
dafür herangezogen um an ihnen narrative Selbstbilder aufzuzeigen die maßgeblichen Einfluss
auf die individuelle Rationalisierung und die Legitimierung der begangenen Verbrechen hatten.
So kann nachvollzogen werden wie Isselhorst anhand seiner eigenen Biographie argumentierte und
damit Selbstbilder konstruierte die seiner kohärenten Selbstverortung nach dem Krieg
entsprachen.