Ein Blick in Literatur und Rechtsprechung zur Dogmatik der Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und 24 Abs. 1
GG zeigt daß sie sich vom Verfassungstext gelöst haben und mit der Vorstellung von der
Übertragung von Hoheitsrechten nichts anfangen können: Es sei zur Öffnung der nationalen
Rechtsordnung derart ermächtigt worden daß der ausschließliche Herrschaftsanspruch
zurückgenommen und der unmittelbaren Geltung eines Rechts aus anderer Quelle Raum gelassen
werde. Diese Diskrepanz zwischen Wortlaut und Dogmatik war Anlaß der Untersuchung. Ihre
Fragestellung ist ob sich nicht unter Anbindung an den Verfassungstext eine leistungsfähige
Konstruktion der Übertragungsermächtigungen entwickeln läßt. Der Autor schildert im 1. Teil
wie sich die Auslegung und Anwendung des Art. 24 Abs. 1 GG bis zur Einfügung des Art. 23 GG n.
F. entwickelt hat eine Kritik der herrschenden Meinung zur Zeit der Maastricht-Debatte leitet
zum 2. Teil über. Die in ihm entwickelte Konstruktion legt ihren Schwerpunkt zunächst auf die
Begriffe Hoheitsrechte und übertragen. Thomas Flint stellt sodann das Gesetz im Sinne der Art.
23 Abs. 1 Satz 2 und 24 Abs. 1 GG in den Mittelpunkt und arbeitet dessen Funktionen heraus.
Danach kann festgehalten werden daß das Grundgesetz die Ermächtigung zur Übertragung von
Hoheitsrechten d. h. zur Abtretung von Bestandteilen der Staatsgewalt durch Gesetz zur
Verfügung stellt um den Durchgriff abgeleiteten Rechts in Deutschland zu legitimieren: Auf die
europäischen Einrichtungen werden die Hoheitsrechte übertragen derer sie zur Ausübung der
vertraglich zugewiesenen Kompetenzen mit Durchgriffswirkung in Deutschland bedürfen. Die auf
diesen Vorarbeiten aufbauende wortlautnahe Konstruktion der Übertragungsermächtigungen wahrt
der Bundesrepublik ihre Souveränität und ermöglicht ihr weiterhin die Setzung der
erforderlichen Rechtsakte sie konfligiert nicht mit den Verfassungsänderungsbestimmungen und
erlaubt eine stimmige Auslegung der Vorschriften über die Vertrags- un