In den berühmten »Reden an die deutsche Nation« (1808) entwickelt Fichte das Ideal eines auf
philosophische Prinzipien gegründeten Staates dessen höchstes Ziel die allgemeine Erziehung
seiner Mitglieder zur Sittlichkeit im gemeinschaftlichen Handeln darstellt. Fichte begründet
die Notwendigkeit der Erhebung der Deutschen gegen Napoleon nicht aus der Einheit der
nationalen Herkunft sondern unter Hinweis auf einen fortschrittlicheren Begriff des Staates.
Mit seinen Berliner Reden an die deutsche Nation (1808) in denen er - unter den Augen der
französischen Besatzer - dem Widerstand gegen Napoleon und dem erwachenden nationalen
Bewußtsein in Deutschland eine philosophische Begründung lieferte errang Fichte (nachdem ihm
auf dem Felde der theoretischen Philosophie Schelling längst den Rang abgelaufen hatte) bei
seinen Zeitgenossen noch einmal große Anerkennung und Achtung. Dabei begründet Fichte die
Notwendigkeit der Erhebung der Deutschen gegen Napoleon nicht etwa aus der Einheit der
nationalen Herkunft sondern aus dem philosophischen Begriff eines fortschrittlicheren Staates.
In den Augen vieler Kritiker aus späterer Zeit »haben die erfolgreichen Reden den Nachruhm des
Philosophen eher verdunkelt - vor allem im Ausland. Daran ist freilich in erster Linie die
Benutzung der Reden durch den deutschen Nationalsozialismus des 20. Jahrhunderts schuld - ein
Beispiel für den Mißbrauch eines ' Klassikers' . Denn Fichte verkündet weniger
politischen Nationalismus als eine moralischkulturelle Sendung der Deutschen [...].
Zeitgenossen wie Goethe Jean Paul und Tieck waren davon nicht unbeeindruckt - die Gegenwart
ist hoffentlich darüber hinweg.« (Ludwig Siep). Die Neuausgabe der Reden an die deutsche
Nation in der ' Philosophischen Bibliothek' aus Anlass der zweihundertjährigen
Wiederkehr des Datums der Erstpublikation bietet den Text nach der textkritischen Edition von
Reinhard Lauth mit einer neuen Einführung von Alexander Aichele zur heutigen Beurteilung der
Schrift.