Der Bildungsplan 2004 für das allgemein bildende Gymnasium in Baden-Württemberg wird als
pädagogischer Meilenstein in der Entwicklung unserer Schulen angepriesen: Die
Kontingentstundentafel neue Fächerverbünde schulartspezifische Akzente außerunterrichtliche
Projekte in der Kooperation verschiedener Fächer gehören dazu. Hinzu kommt die zeitgleiche
Verkürzung der Schulzeit auf 8 Jahre und die Einführung von Bildungsstandards. Doch wie ist es
um diese Aussagen tatsächlich bestellt? Was ist neu wann handelt es sich um bloße Floskeln
wohinter versteckt sich nur aktualisierter Stoff oder eine neue Nomenklatur? Die Wurzeln an
die dieser pädagogische Meilenstein anknüpft reichen weiter zurück als man zu glauben vermag.
Anhand der Fächer Erdkunde Geografie und Gemeinschaftskunde wird beispielhaft der Rote Faden
der rund 60 jährigen Historie aufgezeigt. Ist der Bildungsplan 2004 voll gestopft mit
theoretischem Wissen oder wurden praxisnahe Lerntheorien aufgenommen? Anhand der kategorialen
Bildung und der kritisch-konstruktiven Didaktik von Wolfgang Klafki dem größten deutschen
Bildungstheoretiker der Nachkriegsgeschichte wird diese Frage beantwortet. Und wie stehen die
Lehrkräfte wirklich zu diesem Bündel an Reformen? Im Dialog mit erfahrenen Lehrer innen wird
ein breites Meinungsbild deskriptiv wiedergegeben. Plakative populistische Aussagen wie wir
sie in den Medien immer wieder lesen werden dadurch relativiert. Diese aktuellen Themen werden
in Beziehung zur Entwicklung des allgemein bildenden Gymnasiums in Baden-Württemberg in der
Nachkriegszeit gesetzt. Dabei wird deutlich dass Gymnasium und Lehr- Bildungsplan nicht nur
Ländersache sind. Bundesweite Gremien und Prozesse im Föderalsystem bilden den Rahmen in dem
diese Entwicklung vonstatten geht. Zusätzlich wirkt sich der gesellschaftliche Wandel
teilweise in Wechselwirkung mit der Politik auf das Gymnasium aus. Dadurch unterliegt die
Anzahl der Schüler innen der ausländischen Schüler innen der Abiturient innen und der Lehrer
innen in Voll- und Teilzeit einer dynamischen Entwicklung. Der Anteil der teilzeitbeschäftigten
Lehrer nimmt zu zugleich üben mehr und mehr weibliche Lehrer eine Vollzeitbeschäftigung aus.
Es wird deutlich dass die Politik seit den 60er Jahren mit der sogenannten doppelten
Bildungsexpansion gegen die Bildungsbenachteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen teilweise
erfolgreich vorging. Absolut besuchen mehr Kinder aller Bevölkerungsschichten das Gymnasium. In
der relativen Verteilung sind ausländische Schüler innen Schüler innen des ländlichen Raums
und Kinder sozial schwacher Eltern unterrepräsentiert. Neue Anstrengungen seitens der Politik
sind geboten.