Als geistige Nahrung beschrieb die Literaturkritikerin Raissa Orlova die Bedeutung der
westlichen Literatur für die sowjetische Bevölkerung die während des ganzen Bestehens der
Sowjetunion nicht an Popularität verlor. Es wurden jedoch nicht alle bekannten Werke deutscher
Literatur auch in der UdSSR publiziert. Was westdeutsche Autorinnen und Autoren betraf war
Heinrich Böll ab Beginn der Tauwetterperiode bis zu Beginn der 70er-Jahre in der Sowjetunion
der meistübersetzte und beliebteste Autor der deutschen Nachkriegsliteratur. Danach brach die
Publikation seiner Werke abrupt ab und Böll wurde bis zu seinem Tod in der offiziellen
Literaturkritik kaum noch erwähnt. Hingegen wurde dem in der Bundesrepublik nicht minder
bekannten Günter Grass während des gesamten Zeitraums von 1953 bis 1985 der hier betrachtet
wurde kaum positive Beachtung geschenkt.Astrid Shchekina-Greipel untersucht in ihrem
vorliegenden Buch anhand der beiden Nobelpreisträger Grass und Böll welche Faktoren es genau
waren die unter den ideologisch-totalitären Bedingungen der Sowjetunion die Publikation
westlicher Literatur möglich machten oder verhinderten. Die Untersuchungsebenen der Studie
ergeben sich aus der Kulturtransfertheorie: Der Rezeptionskontext und die Trägergruppen wurden
mit Hilfe des literarischen Feldes nach Bourdieu betrachtet anhand des Diskurses über
ausgewählte Werke wurden die Rezeptionsmechanismen nachgezeichnet. Ferner analysiert
Shchekina-Greipel zwei Übersetzungen und arbeitet dabei heraus wie dabei die Texte verändert
und ideologisch angepasst wurden und zeichnet den Austausch zwischen DDR und Sowjetunion in
Bezug auf westdeutsche Literatur nach. In digitaler Form wird eine detaillierte Bibliographie
aller im Untersuchungszeitraum publizierten westdeutschen Werke bereitgestellt die eine
gezielte Recherche zu konkreten Publikationen auf dem Gebiet der RSFSR ermöglicht und so auch
als Grundlage für weitere Forschungen in diesem Bereich dienen kann. Die Bibliographie steht
auch zum Download bereit.Die Autorin:Astrid Maria Ottilie Shchekina-Greipel studierte an der
MGU Moskau der RGGU Moskau und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg an welcher sie im
Internationalen Graduiertenkolleg Kulturtransfer und kulturelle Identität im Fachbereich
Slavistik promovierte.