Was ist Gewaltkompetenz? Die Fähigkeit körperliche und psychische Gewalt ausüben zu können
wird negativ gesehen während die Fähigkeit ihr zu widerstehen als eine Tugend gilt. Eine
solche Bewertung ist tatsächlich nichts weiter als eine Frage der Perspektive. Individuum und
Staat sind nicht identisch. Auch in demokratischen Staaten herrschen zwischen beiden
Interessenkonflikte die dazu führen dass die Ansichten was zu bekämpfen und wovor sich zu
schützen sei oft weit auseinander liegen. Gewalt kann legal Selbstschutz ein Gesetzesbruch
sein. Was passiert wenn der Bürger sich zunehmend selbst in der Gewalt hat wenn er sich
größere Unabhängigkeit von Fürsorge und Vorschrift wenn er sich Eigenmächtigkeit erarbeitet?
Diese Arbeit untersucht ob die Vermittlung von Gewaltkompetenz an das private aber
rechtsstaatlich gebundene Individuum mit staatsmännischer Vernunft vereinbar ist. Wenn wir den
ursprünglichen Grund des juristischen Gesetzes und seiner Institutionen in der Organisation
eines friedlichen Zusammenlebens vieler Menschen sehen wollen liegt die zweite zu behandelnde
Frage auf der Hand. Kann die Vermittlung von Gewaltkompetenz moral-ethisch verantwortet und
gerechtfertigt werden obwohl zu befürchten steht dass der mit ihr ausgestattete Mensch
weniger leicht zu unterwerfen und zu führen ist? Der Körper spielt in zweierlei Hinsicht eine
wichtige Rolle. Zum einen wird ansatzweise untersucht wie der Körper und seine Bewegung dem
Menschen helfen die Welt und sich selbst in ihr zu verstehen. Zum anderen wird der Einfluss
des Gefühls anderen Menschen körperlich überlegen zu sein auf die individuelle Art der
Wahrnehmung die Ansätze zum Problemlösen und die eventuelle Unterdrückung intellektueller
Prozesse untersucht. Ein Problem körperlich zu lösen - oft der einfachere Weg - wird eher mit
barbarischer Sitte assoziiert während die geistig-vernünftige Lösung als Zeichen von
Zivilisation und Menschlichkeit gilt. Die Kampfkunst als Jahrtausende alte Vermittlerin von
körperlicher wie geistiger Kraft und Technik dient der Untersuchung als roter Faden. An ihrem
Bildungsbegriff und ihren Erziehungsmethoden werden die Hypothesen überprüft. Sie ist die
ideale Referenz für diese Arbeit weil sie das Natürliche und das Künstlerische explizit und
systematisch zu dem Zweck verbindet ganzheitliche Stärke und eine Erkenntnis der Ordnung zu
ermöglichen die staatliche Systeme weit überschreitet. Großmeister verschiedener Disziplinen
die seit Jahrzehnten aktiv ihre Kampfkunst betreiben und sich mit den Wechselwirkungen zwischen
der grundsätzlichen körperlichen Kraft technischer Fähigkeit und geistigen Prozessen
beschäftigen sind zum Thema befragt worden.