Kritik ist hier nicht im Sinne von Kritik üben gemeint sondern im Sinne von Kants
transzendentaler (= reflexiver) Wende: als erkenntnistheoretische Sichtung der Anfangsgründe
oder Bauelemente einer Disziplin. Doch im Unterschied zur reinen Vernunft darf der integralen
Vernunft nichts Menschliches fremd bleiben. Seit der notwendigen Emanzipation der empirischen
Psychologie von der Philosophie vor einhundert Jahren kam es zu einer fortschreitenden
Entfremdung zwischen den beiden Disziplinen. Inzwischen aber tut integrale auf neue Ganzheit
zielende interdisziplinäre Zusammenarbeit not. Philosophische Psychologie ist
Bewusstseinsforschung. Der unverlierbare Schatten des Bewusstseins aber ist das Unbewusste.
Heinrichs' systematische Theorie des Unbewussten kann weder an Sigmund Freud noch an C. G. Jung
noch an deren philosophische Vorgänger wie Eduard von Hartmann ohne weiteres anschließen so
sehr er auch deren jeweils einseitige Erkenntnisse kritisch einbezieht. Heinrichs Hauptthese in
diesem II. Band: Es gibt gar nicht das Unbewusste vielmehr drei grundverschiedene Quellen von
Unbewusstheit: das physische Unterbewusste das geistige Ãœberbewusste sowie die ganz zentrale
doch bisher nicht thematisierte Unbewusstheit des impliziten Bewusstseins. Mit seiner zuerst in
Öko-Logik (1997 2007) praktizierten Methode der Schnittflächen des anthropologischen
Drei-Kreise-Modells breitet er more geometrico eine Landkarte des Unbewussten vor uns aus wie
sie es in dieser Differenzierung noch nie gegeben hat. Er wagt sich dabei weit in das Gebiet
der psychischen Störungen vor und wird konkret. Seine Erkenntnisse haben jedoch nicht den
Charakter dogmatischer Vorgaben für klinische PsychologInnen und PsychiaterInnen. Diese
philosophischen Anfangsgründe werfen vielmehr tausend Fragen auf und deuten behutsam neue Wege
zu ihrer theoretischen und praktischen Lösung an. Ich wüsste keine andere so umfassende
strukturierende Abhandlung über das Unbewusste zu nennen. (aus dem Vorwort von Prof. Dr.
Franz-Theo Gottwald Schweisfurth-Stiftung)