Sybille Schmitz die in den 30er Jahren als die schönste Frau des deutschen Films galt
gehorchte keinem Typ. Sie war vor allem sie selbst. Eine Schauspielerin mit einer starken
unverwechselbaren Eigenart. »Als ich mich vor zwanzig Jahren für die Ufa und ihre Stars zu
interessieren begann entdeckte ich unter den glatten Salondamen den patenten Mädels oder den
tanzwütigen Revuegirls das Gesicht einer Schauspielerin das herausfiel sich der Zuordnung
entzog. Dieses ungewöhnliche Gesicht mit seinen klaren herben Zügen seinem scheuen Blick und
dem stets etwas traurigen Mund umgab ein Hauch von Fremdheit von Einsamkeit die etwas mit
seiner androgynen Schönheit zu tun haben mochte jedenfalls in krassem Widerspruch stand zum
eher gewöhnlichen Namen der Schauspielerin. Sybille Schmitz: Das hat etwas von Lieschen Müller
und klingt beinah wie Ironie für diese einzigartige Frau über die ich anfangs wenig erfuhr:
dass sie bisexuell war mit Goebbels aneinander geriet in den 50er Jahren beruflich wie privat
scheiterte und schließlich Selbstmord beging. Meine Neugier war geweckt. Wo immer ich jemand
traf dem der Name Sybille Schmitz etwas bedeutete stieß ich auf Begeisterung schwärmerische
Verehrung. Und Unverständnis dass diese Frau heute so vergessen ist. Mehr als drei Dutzend
Filme hat Sybille Schmitz zwischen 1928 und 1954 gedreht die Hälfte davon als
Hauptdarstellerin. Mit prominenten Partnern wie Hans Albers Heinz Rühmann oder Willy Birgel.
Und unter Regisseuren wie Georg Wilhelm Pabst Frank Wysbar oder Herbert Selpin. In ihrer
erfolgreichsten Zeit bekam Sybille Schmitz ebenso hohe Tagesgagen wie etwa die Superstars
Lilian Harvey oder Marika Rökk. Doch schon damals erreichte sie deren Popularität nicht
annähernd. Ein weiterer Grund dafür dass Sybille nie so populär wurde wie manche der
unbegabteren Kolleginnen liegt in ihrer unverhohlenen Abneigung gegenüber dem Dritten Reich
und dessen Führung. Sybille hatte eine Reihe jüdischer Freunde und Kollegen für die sie sich
einsetzte als ab 1933 deren Ausgrenzung begann. Das trug ihr bei den Nazis den Ruf der
politischen Unzuverlässigkeit ein. Bei Goebbels der als >Schirmherr des deutschen Films< ihr
oberster Chef war kam persönliche Abneigung hinzu. Entgegen Sybilles späterer Behauptung lässt
sich aber ein durch Goebbels verhängtes Berufsverbot gegen sie nicht nachweisen. Dass es
dennoch zuweilen schwierig war Sybille Schmitz zu besetzen lag auch am favorisierten Genre
der Ufa unterm Hakenkreuz: In den harmlosen Unterhaltungsfilmen wirkte das ernste abgründige
Wesen dieser Schauspielerin wie ein störender Schatten. Sybille Schmitz die in den 30er Jahren
als die schönste Frau des deutschen Films galt war weder das süße Mädel einer Magda Schneider
noch die Femme Fatal einer Zarah Leander noch die Grande Dame einer Olga Tschechowa oder Lil
Dagover. Sie war nicht die Opferfrau einer Kristina Söderbaum und auch nicht die kumpelhafte
Landserbraut einer Ilse Werner. Sybille Schmitz gehorchte keinem Typ. Sie war vor allem sie
selbst. Eine Schauspielerin mit einer starken unverwechselbaren Eigenart. Ihr Gesicht ihre
Gesten ihre Sprache: Alles an dieser Frau verriet den Charakter eines außergewöhnlichen
Menschen.« (Aus dem Vorwort von Friedemann Beyer)