Geschichten sind nicht dasselbe wie Geschichte. Geschichte wird geschrieben Geschichten werden
erzählt. Natürlich kann man Geschichten auch aufschreiben aber dadurch werden sie nicht zu
Geschichte sondern bleiben Geschichten. Ekkehard Josts Jazzgeschichten aus Europa sind nicht
identisch mit der Geschichte des Jazz in Europa. Sie streben nicht nach Vollständigkeit von
Namen und Ereignissen sondern sie konzentrieren sich darauf zu erzählen was erzählenswert
erscheint. Sie bevorzugen das Besondere vor dem Allgemeinen sie interessieren sich für
besondere Phasen und Stationen eines jahrzehntelangen historischen Prozesses in denen eine
amerikanische Musik namens Jazz die europäische Musikkultur gründlich und nachhaltig aus dem
Gleichgewicht brachte. Und sie richten ihr Interesse dabei auf Ereignisse denen etwas
Außergewöhnliches und daher Aufsehenerregendes innewohnte: das jähe Eindringen des wilden Jazz
in das biedere Musikleben westeuropäischer Metropolen der 20er Jahre das wechselvolle
Schicksal jazzmusikalischer Aktivitäten unter den totalitären Regimes des sowjetischen
Stalinismus und des deutschen Nationalsozialismus die bizarre Situation der französischen
Jazzszene während der Besetzung durch die deutschen Truppen die europaweite Jazz-Euphorie der
Nachkriegsjahre und ihr allmähliches Abklingen unter dem Einfluß neuer musikalischer Reize in
Gestalt des Rock 'n' Roll und der Beat Music und - zu guter Letzt - die viel beschworene
europäische Jazz-Emanzipation in der sich europäische Musiker anschickten den Vaterfiguren
des amerikanischen Jazz den Rücken zu kehren und eigene Wege zu gehen. Von alledem und vielem
mehr erzählen unsere Jazzgeschichten aus Europa wobei eine reichhaltige Kollektion selten
gezeigter Fotos und vor allem auch die beiliegende CD mit einer Reihe aufschlussreicher
Musikbeispiele eine willkommene Ergänzung bieten dürften.