Diese auf 20 Bände angelegte Edition geht auf eine viel beachtete öffentliche Vorlesungsreihe
zurück die Professor Michael Bockemühl Anfang der 1990er Jahren im Saalbau Witten hielt. In
seinen Diavorträgen nimmt der Redner gemäß seinem Credo: Der Künstler ermöglicht was der
Anschauende verwirklicht sein Publikum gleichsam bei der Hand und führt es zu den einzelnen
Kunstwerken hin. Dabei werden weder Spekulationen über ihre möglichen Bedeutungen angestellt
noch abstrakte Theorien über das Sehen geschmiedet vielmehr feiert der Autor ein Fest für das
Auge: Mit Witz und methodischer Konsequenz versteht es der passionierte Wahrnehmungsforscher
die Aufmerksamkeit auf die durch nichts anderes als durch das Kunstwerk eröffneten
Anschauungsmöglichkeiten zu lenken.Die Bände werden herausgegeben von Dr. phil. David Hornemann
v. Laer (Fakultät für Kulturreflexion Studium fundamentale) in Zusammenarbeit mit Birgit
Bockemühl sowie Studierenden an der Universität Witten Herdecke.Band 15: J.M.W. Turner
-Interbrettation nannte Michael Bockemühl die Tendenz Kunstwerke qua Interpretation
zuschubladisieren denn eine solche Vorgehensweise vernagelt nicht allein die Wahrnehmung
sondernsuggeriert auch einen soliden Stand wo möglicherweise keiner ist. William Turner
(1775-1851) bereits in jungen Jahren Meister der Licht- und Luftperspektive der akkuraten
Zeichnung wie desAtmosphärischen öffnet die Wahrnehmung auf eine Weise die den Betrachtenden
den Boden unterden Füßen wegziehen kann. Seine Malerei ist weniger vom Gegenstand bestimmt als
von derErforschung der Wahrnehmung die den Gegenstand in Erscheinung treten lässt. Ohne
Goethegelesen zu haben dessen Farbenlehre ihm später eine Offenbarung wurde nutzt Turner die
in derPhysiologie begründete Tätigkeit des Auges für seine Malerei: Nachbildeffekte durch
Farbkontrasteetwa lassen einen Sonnenuntergang erlebbar Feuer spürbar und Wetterphänomene
lebendigwerden. Die Wirkstrukturen des Auges werden durch den gezielten Einsatz von Farbe aktiv
steigerndie Sujets seiner Malerei auf verblüffende Weise und kündigen die Autonomie des Werkes
an. Derversierte Kunstwissenschaftler und Wahrnehmungsforscher Michael Bockemühl nimmt uns im
15.Band der Reihe KUNST SEHEN mit in die Welt eines Künstlers der seiner Zeit weit voraus war
und unsdazu anregt über das Bild hinaus zu denken.Zu beobachten wie Turner die Welt durch
eine bestimmte Weise der Farbgestaltung bildnerisch zur Erscheinung bringt kann sich heute
zugleich als ein Zugang zu unserem eigenen bewussten Sehen der Welt erweisen. Seine
Farbgestaltung gibt Anlass uns deutlicher bewusst zu machen wie wir sehen. Sie zu beobachten
ist nicht allein für Turners Kunst aufschlussreich. Diese Beobachtungen betreffen zugleich
unser Wahrnehmen selbst und führen damit zu den Grundfragen der Ästhetik. Michael Bockemühl