Wir entwickeln uns ein Leben lang weiter - durch ein Wechsel¬spiel von Genen und Erfahrungen.
Nicht nur die ersten Lebens¬jahre prägen uns wie die Neurobiologin Nicole Strüber in ihrem
Artikel ab S. 30 verdeutlicht. Auslandsaufenthalte oder neue soziale Rollen hinterlassen
ebenfalls Spuren in unserer Persönlichkeit. Doch können wir uns auch gezielt verändern?
Schließlich möchten die allermeisten Menschen laut Umfragen mindestens eine Eigenschaft an sich
verbessern. Was Selbstoptimierungsratgeber gern versprechen wird erst seit Kurzem
experimentell erforscht. Ab S. 40 stelle ich aktuelle Befunde dazu vor. Ersten Studien zufolge
ist es möglich sich in die gewünschte Richtung zu entwickeln. Das ist allerdings anstrengend
und erfordert Übung und Diszi¬plin erklärt die Heidelberger Psychologin Cornelia Wrzus im
Interview ab S. 47. Ob sich der Aufwand lohnt muss jeder für sich selbst entscheiden. So viel
sei von meinem eigenen Versuch verraten: Völlig strukturiert und ordentlich werde ich nie
werden. Das ist nicht schlimm. Obgleich eine hohe Gewissenhaftigkeit hier zu Lande
erstrebenswert erscheint gibt es keine ideale Persönlichkeit wie Cornelia Wrzus betont.
Gerade die Vielfalt an Eigen¬schaften ist wichtig und bereichert die Gesellschaft.Wie sich
diese Unterschiede und Gemeinsamkeiten am besten messen lassen auch darum geht es in diesem
Dossier. So stellt sich etwa die Frage ob Datenspuren im Netz oder Tonse-quenzen aus dem
Alltag treffendere Rückschlüsse auf den Charakter liefern als klassische Selbstauskünfte (S. 14
und S. 20). Denn obwohl wir täglich Zeuge unseres Denkens und Handels sind sind wir nicht
unbe-dingt gut darin uns realistisch einzuschätzen. Eine verzerrte Selbstwahr¬nehmung ist weit
verbreitet wie die Beiträge ab S. 66 offenbaren. Nicht ganz richtig ist überdies die gängige
Annahme narzisstische Menschen seien besonders selbstverliebt. Vielmehr scheint ihr
Selbstwert¬gefühl stark zu schwanken (S. 54). Darüber hinaus geht Corinna Hart¬mann im »Spezial
Narzissmus« einer pathologischen Form nach die lange übersehen wurde - und zu der vor allem
Frauen neigen.Ein realistischer Blick auf sich selbst ist übrigens gar nicht unbedingt
erstrebenswert. Stattdessen hat ein rosarotes Selbstbild durchaus Vorteile (ab S. 82). Seien
Sie daher nachsichtig mit Ihren vermeintlichen Makeln. Und bilden Sie sich ruhig etwas auf sich
ein! Viel Vergnügen beim Lernen und Staunen über die vielen Facetten der Persönlichkeit wünscht
Liesa Bauer Redaktion Gehirn&Geist