Diese auf 20 Bände angelegte Edition geht auf eine viel beachtete öffentliche Vorlesungsreihe
zurück die Professor Michael Bockemühl Anfang der 1990er Jahren im Saalbau Witten hielt. In
seinen Diavorträgen nimmt der Redner gemäß seinem Credo: Der Künstler ermöglicht was der
Anschauende verwirklicht sein Publikum gleichsam bei der Hand und führt es zu den einzelnen
Kunstwerken hin. Dabei werden weder Spekulationen über ihre möglichen Bedeutungen angestellt
noch abstrakte Theorien über das Sehen geschmiedet vielmehr feiert der Autor ein Fest für das
Auge: Mit Witz und methodischer Konsequenz versteht es der passionierte Wahrnehmungsforscher
die Aufmerksamkeit auf die durch nichts anderes als durch das Kunstwerk eröffneten
Anschauungsmöglichkeiten zu lenken.Die Bände werden herausgegeben von Dr. phil. David Hornemann
v. Laer (Fakultät für Kulturreflexion Studium fundamentale) in Zusammenarbeit mit Birgit
Bockemühl sowie Studierenden an der Universität Witten Herdecke.Band 8 - Nolde Emil Nolde ein
von den Nationalsozialisten verfemter Künstler und zugleich ein aktiver Antisemit - können wir
seine Bilder heute überhaupt noch unbefangen ansehen? Michael Bockemühl stellte in seinen
öffentlichen Vorlesungen zu Werken der künstlerischen Moderne das Sehen selbst in das Zentrum
der Betrachtung. Nicht die historische und biografische Kontextualisierung nicht Deutung und
Interpretation sind von Interesse sondern die Frage: Wie lassen uns die Bilder wahrnehmen? Die
Reise durch das Werk Noldes führt zu der Entdeckung einer immensen Beweglichkeit die der
offenen Wahrnehmung Raum gibt. Der Duktus des Pinselstrichs zerbricht die Formen und
verklammert das Dargestellte kaum noch mit der äußeren Wirklichkeit die Symphonie der Farben
transzendiert die Szenerien. In eine wilde Matrix hinein (er)findet der Maler Wesen Gestalten
und Visionen zugunsten des Uneindeutigen Vagen Offenen: Das Gegenstandlose in seiner
Potenzialität wird Bildgegenstand. Der Maler überlässt uns der zögernden Bewegung zwischen
Deformation und Transformation zwischen Werden Vergehen und Sein. Was nehmen wir wahr? Noldes
Bilder sehen uns an und stellen uns die Frage wieviel Offenheit Uneindeutigkeit Ambiguität
wir auszuhalten imstande sind wenn wir die Expedition in das eigene Sehen antreten.