Die kontinuierlich steigende Varianz von Produkten zur Befriedigung zunehmend individuellerer
Kundenanforderungen führt zu einem steigenden Bedarf Produktkomplexität und deren positive wie
negative Auswirkungen integriert bewertbar zu machen. Mit der unternehmensseitig definierten
Produktkomplexität sind erhebliche funktionsübergreifende Kostenwirkungen entlang der gesamten
Wertschöpfungskette verbunden. Dies erschwert eine gesamtunternehmerische Bewertung und
Steuerung der Produktkomplexität. Nur eine objektive Bewertungsgrundlage die möglichst
umfassend alle Unternehmensbereiche und deren zentrale Anforderungen integriert erfasst
ermöglicht es Produktkomplexität systematisch und gewinnbringend zu gestalten. In dieser
Arbeit wird ein integriertes Modell zur Bewertung von Produktkomplexität vorgestellt. Es werden
vier zentrale Spannungsfelder definiert in denen Produktkomplexität bewertet wird.
Produktseitig wird in Form des Produktprogramms die externe Produktkomplexität und in Form der
Produktarchitektur die interne Produktkomplexität im Bewertungsmodell erfasst. Prozessseitig
findet einerseits die Produktion Eingang in das Bewertungsmodell und andererseits wird die
Supply Chain in den Bewertungsansatz integriert. Die zentrale Dichotomie bei der Beherrschung
von Produktkomplexität nämlich die möglichst gleichzeitige Erfüllung der adressierten
Kundenbedürfnisse bei größtmöglicher Erzielung von Skaleneffekten entlang der gesamten
Wertschöpfungskette wird für die vier Spannungsfelder jeweils in spezifische Dichotomien
unterteilt. Je Spannungsfeld werden zwei dichotome Zielrichtungen in Form von zwei
Hauptdimensionen formuliert die in Form von in der Unternehmenspraxis quantifizierbaren
Kennzahlen erfasst werden können und jeweils eine eindeutige Optimierungsrichtung aufweisen.
Eine Verknüpfung der Kennzahlen je Spannungsfeld erfolgt mittels einer dritten Größe die als
Wirkungsgrad definiert wird. Dieser sogenannte Wirkungsgrad ermöglicht es die
Substitutionsraten zwischen den jeweiligen Kennzahlen abzubilden um eine integrierte Bewertung
der Produktkomplexität zu ermöglichen indem die spannungsfeldspezifischen Kenzahlen jeweils zu
einer Maßzahl verknüpft werden. Unternehmen wird ein Modell an die Hand gegeben mit dessen
Hilfe sowohl produkt- als auch prozessseitige Defizite im Umgang mit Produktkomplexität
bewertet werden können so dass basierend auf diesen Ergebnissen systematische Verbesserungen
am Produkt und am Produktionssystem vorgenommen werden können.