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Editorial Gestern habe sie eine Gurkensuppe gekocht sagt meine Friseurin. Ich sitze ziemlich
abwesend ohne Brille mit Mundschutz und feuchten Haaren vor dem großen Spiegel in ihrem Salon
und bin sofort hellwach. Sylvie kam vor drei Jahrzehnten als Teenager mit ihrer Mutter - auch
sie Friseurmeisterin - aus Polen nach Deutschland. Ab und an erzählen wir uns von unseren
kulinarischen Erfahrungen. Sylvie und vor allem ihre Verwandtschaft im ländlichen Polen sind
tief und fest verwurzelt in regionalen oder besser sogar lokalen Küchentraditionen. Der eigene
Garten und ein schlachtender Metzger in der Familie scheinen dafür ernst zu nehmende Garanten.
Aus dieser polnischen Perspektive blickt Sylvie mit ordentlicher Skepsis auf das hier von der
Lebensmittelindustrie Produzierte und sucht es soweit möglich zu meiden. Sie er-zählte
irgendwann einmal anschaulich von ihrer mittlerweile hochbetagten Oma: Die ¿ligrane Person
kommt auf dem Bahnsteig in Münster an und wuchtet Koffer mit ordentlichem Fleisch und selbst
eingelegten oder eingekochten Lebensmitteln aus dem Zug deren Gewicht ihr eigenes
Körpergewicht über-treffen. Oma reist nicht mehr. Gestern also Gurkensuppe. Spontan sage ich
was mir durch den Kopf schießt: eingelegte Gurken. Genauer: milchsauer fermentierte Gurken
keine Essiggurken. Jetzt zögert Sylvie den Bruchteil einer Sekunde wie um sich erst erinnern
zu müssen dass es überhaupt in Essig eingelegte Gurken gibt. Und sagt dann lächelnd: Na klar.
Später huscht ihr sogar ein nahezu verträumter Ausdruck durchs Gesicht in Erinnerung an gerade
eingelegte erst zwei Tage fermentierte Gurken mit ihrem überaus feinen zarten Aroma und
britzelnden Geschmack. Wir sprechen im Verlauf der Scherung gar nicht mehr über die Suppe
sondern über das Einlegen oder milchsaure Vergären von Gemüse (wobei die unerträgliche Süße
deutscher Essiggurken echte Entrüstung hervorrief). Naheliegender Weise stelle ich die Frage
ob auch Getreide fermentiert worden sei. Es wurde. Mit fermentiertem Roggenschrot wurde Zurek
eine einfache Suppe aus Kartoffeln und Wursteinlage gebunden. In 'Zurek' klingt 'sauer' auch
für uns noch an. Sylvie erwähnt beiläüg als sie mir gerade den Spiegel zur abschließenden
Begutachtung ihres Werks reicht dass dieser Sauerteig auch zum Brotbacken verwendet wurde.
Nicht zum ersten Mal bedauere ich mein schütter werdendes Haupthaar und beginne mich auf den
nächsten Termin zu freuen. 'Brot backen' war der Fokus im Journal Culinaire No. 15 vor
immerhin acht Jahren. Es ¿ndet bis heute beständig neue Leser. Zahlreiche Anfragen erreichten
die Redaktion wann sich das Journal Culinaire endlich erneut mit dem Thema beschäftigen werde
- wohl wissend dass wir den Fermentationsthemen immer schon sehr aufmerksam gegenüberstehen.
Die Zeichen für eine Sauerteigausgabe verdichteten sich zügig. Bei dieser Gelegenheit sei der
Gesellschaft Deutscher Lebensmitteltechno-logen (GDL e.V.) ausdrücklich gedankt. Sie hat uns
die Teilnahme (nicht nur) an ihren Sauerteigforen in Münster und Minden großzügig ermöglicht.
In zahlreichen Fachvorträgen und durch den persönlichen Kontakt zu Forschenden ebenso wie
Bäckerinnen und Bäckern nahm das Thema Konturen an. Mein großer Dank gilt Dr. Markus J. Brandt.
Er war von den ersten Überlegungen an für eine Sauerteigausgabe involviert und hat wichtige
Impulse bei der inhaltlichen Ausgestaltung gegeben - über seine eigenen Beiträge hinaus. Mit
dem Freibäcker Arnd Erbel konnte ich vertrauensvoll auf die Suche nach beitragenden Bäckerinnen
und Bäckern gehen. Auch ihm sei herzlich für Vertrauen wie Gespräch gedankt ebenso allen
Beitragenden die ihr Wissen bereitwillig und engagiert ausgebreitet haben. Das Journal
Culinaire No. 31 'Sauerteige' ist wiederum nur ein Anfang. Es lässt sich noch so viel mehr über
Sauerteige berichten und diskutieren mit Sicherheit wird in Bälde mehr im Journal Culinaire zu
lesen sein. Eine persönliche Bemerkung zum Abschluss. Vor gerade fünfzehn Jahren lernte ich
Ursula Hudson kennen die auf ihre zahlreichen Reisen immer einen Sauerteig mitnahm. Sie hatte
Jahre zuvor als ihr ein schon damals betagter Sauerteig aus einer privaten Tradition
angetragen wurde schnell verstanden dass in ihm das Potenzial nicht nur für ihre eigene
Ernährungskompetenz schlummert. Ihre Erfahrungen mit ihrem Sauerteig hätte ich gerne für das
Journal Culinaire gesichert. Das ist nicht gelungen. Ursula ist im Juli nach langer
bewundernswert getragener Krankheit gestorben. Ich werde mehr als nur ihre Sauerteig-Erzählung
auf Dauer schmerzlich vermissen. Halten Sie es mit dem Journal-Culinaire-Lesen wie mit einem
vitalen Sauerteig: Frischen Sie Ihren Lesegenuss zur passenden Zeit an.
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